Am 1. Oktober 2017 war es so weit: Homosexuelle Paare dürfen in Deutschland heiraten. Ein wichtiger Schritt auf dem Weg zur Gleichberechtigung – und es war ein langer Weg. Wie lang, zeigt ab Februar 2018 die Wanderausstellung „Verschweigen / Verurteilen“ am Beispiel des Landes Rheinland-Pfalz. Schwulen Männern drohte auf Basis des berüchtigten Paragraphen 175 StGB bis 1969 Verurteilung und Gefängnis, lesbische Frauen hatten kaum Möglichkeiten, ein selbstbestimmtes Leben jenseits der „normalen“ heterosexuellen Ehe zu führen. Dank des Beschlusses des Landtags Rheinland-Pfalz vom 13. Dezember 2012 zur „Aufarbeitung der strafrechtlichen Verfolgung homosexueller Menschen“ wurde im Januar 2017 ein umfassender Forschungsbericht erstellt, der Grundlage für diese mobile Ausstellung ist. Diese zeigt auch – und das ist wesentlich schwerer, da es (noch) wenig Material gibt – wo sich dennoch private Spuren von lesbischem und schwulem Leben in Rheinland-Pfalz finden.
Unsere Szenografie überführt diese hochgradig individuell erlebte und zur selben Zeit öffentlich heiß diskutierte Debatte in eine Architektur, die gekonnt persönliche Schicksale mit der gesetzlichen Verurteilung in einem Ausstellungssystem vereint.
Verstreut im Raum stehen Garderobenwände, mit Stoff bespannt, teils transluzent, mal den Blick hindurch verbietend. Sie stehen stellvertretend für eine Epoche der Maßregelung, in der vieles, was heute fast selbstverständlich ist, im Verborgenen geschehen musste. Gleichzeitig erzählen sie von den würdelosen Gesetzen und Verboten, von Moral und Unmoral und den draus resultierenden Folgen für die Betroffenen.
Gleich daneben blickt der Besucher, auf Augenhöhe, in die Gesichter der auf durchsichtigen Bahnen gedruckten Individuen. Zur Unkenntlichkeit verwischt sind ihre Gesichtszüge – das individuellste Merkmal unseres Körpers. Ihre Verfremdung spiegelt nicht nur das Gefühl wider, als Homosexueller in der Gesellschaft keine Anerkennung zu finden, es steht auch für die Verleumdung der Personen durch Verbote und Gesetze. Durch Überlagerungen bildet sich eine Menschenmenge, die dem Besucher einen Moment der Identifikation ermöglicht und damit die vielen Einzelschicksale in den heutigen (Zeit-)Raum zurückholt. Das Private von damals tritt in das Hier und Jetzt, kann erzählen und anmahnen!
Doch dass eben jene Verbote und Strafverfolgungen trotzdem auch Platz für individuelle und freiheitliche Möglichkeiten ließen, davon berichten die in den Ausstellungskontext integrierten Bewegungsräume. Es geht hier vermehrt um Einzelbiografien, Spielräume, die sich Personen selbst geschaffen haben, eigene Subkulturen, die sich formten und Widerstand leisteten. Und da auch heute, entgegen der Öffnung von Ehe und homosexueller Emanzipation, immer noch Intoleranz und Angst das Private durchdringen, findet der Besucher inmitten der Ausstellung einen Spiegel, der ganz bewusst und provokant Fragen stellt: Was wäre, wenn mein Kind schwul/lesbisch/trans*/inter wäre? Wie darf ich sein? Welche Vorurteile habe ich?
Die Ausstellung ist ein wichtiger Baustein für die Aufarbeitung dieses Teils der bundesrepublikanischen Geschichte, und wir freuen uns, sie für das Ministerium für Familie, Frauen, Jugend, Integration und Verbraucherschutz realisiert zu haben.
Am 19. Februar fand die Eröffnung im Mainzer Rathaus statt.
Die Ausstellung basiert auf den Forschungsarbeiten von Dr. Günter Grau und Dr. Kirsten Plötz, veröffentlicht als Bericht der Landesregierung zum Beschluss des Landtags vom 13. Dezember 2012 zur Drucksache 16/1849: Aufarbeitung der strafrechtlichen Verfolgung und Rehabilitierung homosexueller Menschen: Dr. Günter Grau/Dr. Kirsten Plötz: Verfolgung und Diskriminierung der Homosexualität in Rheinland-Pfalz, Mainz 2017.
Unsere Szenografie überführt diese hochgradig individuell erlebte und zur selben Zeit öffentlich heiß diskutierte Debatte in eine Architektur, die gekonnt persönliche Schicksale mit der gesetzlichen Verurteilung in einem Ausstellungssystem vereint.
Verstreut im Raum stehen Garderobenwände, mit Stoff bespannt, teils transluzent, mal den Blick hindurch verbietend. Sie stehen stellvertretend für eine Epoche der Maßregelung, in der vieles, was heute fast selbstverständlich ist, im Verborgenen geschehen musste. Gleichzeitig erzählen sie von den würdelosen Gesetzen und Verboten, von Moral und Unmoral und den draus resultierenden Folgen für die Betroffenen.
Gleich daneben blickt der Besucher, auf Augenhöhe, in die Gesichter der auf durchsichtigen Bahnen gedruckten Individuen. Zur Unkenntlichkeit verwischt sind ihre Gesichtszüge – das individuellste Merkmal unseres Körpers. Ihre Verfremdung spiegelt nicht nur das Gefühl wider, als Homosexueller in der Gesellschaft keine Anerkennung zu finden, es steht auch für die Verleumdung der Personen durch Verbote und Gesetze. Durch Überlagerungen bildet sich eine Menschenmenge, die dem Besucher einen Moment der Identifikation ermöglicht und damit die vielen Einzelschicksale in den heutigen (Zeit-)Raum zurückholt. Das Private von damals tritt in das Hier und Jetzt, kann erzählen und anmahnen!
Doch dass eben jene Verbote und Strafverfolgungen trotzdem auch Platz für individuelle und freiheitliche Möglichkeiten ließen, davon berichten die in den Ausstellungskontext integrierten Bewegungsräume. Es geht hier vermehrt um Einzelbiografien, Spielräume, die sich Personen selbst geschaffen haben, eigene Subkulturen, die sich formten und Widerstand leisteten. Und da auch heute, entgegen der Öffnung von Ehe und homosexueller Emanzipation, immer noch Intoleranz und Angst das Private durchdringen, findet der Besucher inmitten der Ausstellung einen Spiegel, der ganz bewusst und provokant Fragen stellt: Was wäre, wenn mein Kind schwul/lesbisch/trans*/inter wäre? Wie darf ich sein? Welche Vorurteile habe ich?
Die Ausstellung ist ein wichtiger Baustein für die Aufarbeitung dieses Teils der bundesrepublikanischen Geschichte, und wir freuen uns, sie für das Ministerium für Familie, Frauen, Jugend, Integration und Verbraucherschutz realisiert zu haben.
Am 19. Februar fand die Eröffnung im Mainzer Rathaus statt.
Die Ausstellung basiert auf den Forschungsarbeiten von Dr. Günter Grau und Dr. Kirsten Plötz, veröffentlicht als Bericht der Landesregierung zum Beschluss des Landtags vom 13. Dezember 2012 zur Drucksache 16/1849: Aufarbeitung der strafrechtlichen Verfolgung und Rehabilitierung homosexueller Menschen: Dr. Günter Grau/Dr. Kirsten Plötz: Verfolgung und Diskriminierung der Homosexualität in Rheinland-Pfalz, Mainz 2017.
Verschweigen / Verurteilen
Wanderausstellung von chezweitz GmbH – museale und urbane Szenografie, Berlin im Auftrag des Ministeriums für Familie, Frauen, Jugend, Integration und Verbraucherschutz (MFFJIV) Rheinland-Pfalz, Mainz
Projektleitung Ministerium für Familie, Frauen, Jugend, Integration und Verbraucherschutz (MFFJIV) Rheinland-Pfalz
Klaus Peter Lohest
Projektbetreuung MFFJIV
Birgitta Brixius-Stapf
Wolfgang Faller
Funda Römer
Manuela Koessler
Kuratorisches Konzept
chezweitz GmbH, Detlef Weitz, Dr. Sarah Bornhorst
Szenografie
chezweitz GmbH,
museale und urbane Szenografie, Berlin
Dr. Sonja Beeck, Detlef Weitz, Julia Volkmar, Lena Schmidt mit Anna Horvath, Samuel Perea Diaz
Ausstellungsgrafik
chezweitz GmbH,
Julia Volkmar, Lena Schmidt mit Gabriel Tecklenburg
Ausstellungstexte
Dr. Sarah Bornhorst
Grafikproduktion
PPS Imaging GmbH, Dresden
Wanderausstellung von chezweitz GmbH – museale und urbane Szenografie, Berlin im Auftrag des Ministeriums für Familie, Frauen, Jugend, Integration und Verbraucherschutz (MFFJIV) Rheinland-Pfalz, Mainz
Projektleitung Ministerium für Familie, Frauen, Jugend, Integration und Verbraucherschutz (MFFJIV) Rheinland-Pfalz
Klaus Peter Lohest
Projektbetreuung MFFJIV
Birgitta Brixius-Stapf
Wolfgang Faller
Funda Römer
Manuela Koessler
Kuratorisches Konzept
chezweitz GmbH, Detlef Weitz, Dr. Sarah Bornhorst
Szenografie
chezweitz GmbH,
museale und urbane Szenografie, Berlin
Dr. Sonja Beeck, Detlef Weitz, Julia Volkmar, Lena Schmidt mit Anna Horvath, Samuel Perea Diaz
Ausstellungsgrafik
chezweitz GmbH,
Julia Volkmar, Lena Schmidt mit Gabriel Tecklenburg
Ausstellungstexte
Dr. Sarah Bornhorst
Grafikproduktion
PPS Imaging GmbH, Dresden