Jüdische
Beziehungsgeschichte(n)
Jüdische Beziehungsgeschichte(n)
- Neue Dauerausstellung im Museum zur Geschichte von Christen und Juden
Am Anfang sind Fäden! Sie ziehen sich durch diese Ausstellung, verweben sich zu Bändern und Stoffen, ribbeln auf, reißen schließlich und werden aber auch wieder aufgenommen. Die deutsch-jüdische Geschichte der Stadt Laupheim wird in der neuen Dauerausstellung im Schloss oberhalb der Stadt als eine besondere Beziehungsgeschichte in ungewöhnlich stofflich-materialen Metaphern mit ungewöhnlichen textilen Techniken erzählt. Wir haben eine im wahrsten Sinne des Wortes umfangreich verwobene und bestickte Szenografie geschaffen, die vor allem die Innenräume des Schlosses weiterhin als Ort der weitreichenden Beziehungsgeschichte und der Architektur in ihrer ganzen Schönheit erlebbar macht.
Die leichten, durchscheinenden Stoffe, die langen, farbenfrohen Bänder gleich zu Beginn und die wunderbarsten Stickereien lassen aufmerken: Ein großes überzeitliches Gruppenbild, eine wahrlich bunte Collage von zeitgenössischen wie historischen Bürger*innen der Stadt, empfängt die Besucher*innen. Die ungewöhnlichen Nagelschnürschilder, die sich immer wieder in die textilen Flächen und Wände verweben, leiten die Besuchenden sodann durch die unterschiedlichen Themenfeldern. Die textilen Wände sind dabei sowohl Display für die unterschiedlichsten Exponate als auch selbst „sprechend“, in dem sie den Gang der Geschichten durch Farbigkeit und Stoffqualitäten verkörpern. Besonders zum Ende hin verblassen die Farben im Gewebe – die antisemitischen Vorfälle und deren symptomatischen Beschädigungen hinterlassen ihre Spuren. Sie werden schwarzweißgrau, bis sie ganz enden.
Mit dem Brand der Synagoge, durch dessen Bild die Besuchenden zwangsläufig gehen müssen, ändert sich die Szenografie radikal: Dahinter sind nur noch verkohlte Reste des jüdischen Versammlungshauses, das Band der Solidarität – die Beziehungsgeschichte ist endgültig abgerissen. Das wird in der fotografischen Projektinstallation deutlich, auf der in zeitgenössischen Gruppenbildern die jüdischen Bürger „verschwinden“ und eine bedrückende Leere entsteht. Diese Leere wird im folgenden Raum, dem weißen, unendlich wirkenden, runden Archiv auf die visuelle wie taktile Spitze getrieben. Erst durch das aktive Öffnen verschiedener Türen zeigen sich die Exponate des Raubes in Laupheim, der Arisierung, der Vertreibung und Vernichtung.
Durch einen langgezogenen, wiederum leeren und nur von projizierten Zitaten aus Schriftwechseln und Reden der Jahre 1948 – 1988 erfüllten ersten Nachkriegsraum, der die Wortlosigkeit und Abwiegelungsstrategien der Behörden und eine erstaunliche Wiederannäherung in den 1980er Jahren beschreibt, gelangen die Besucher*innen schließlich in den letzten, wohl auch Schlüsselraum der neueren „Beziehungsgeschichte“ Laupheims. In diesem Teil des Schlosses standen vormals die schweren Kessel der zugehörigen Brauerei. Die nun freigelegte Betonrasterdecke weist auf diesen funktionalen Hintergrund hin und ist zugleich die „Kulisse“ für eine ganz eigene Inszenierung von sog. Objektzeugen: Exponate jüdischen Lebens, die auf meist ungewöhnlichem Wege zurück nach Laupheim gekommen sind. Diese nicht auf Sockel, sondern in der Schwebe an Stahlseilen von der Decke bis zum Boden montiert zu halten, zeigt deren immer noch volatile, noch nicht versöhnende Existenz.
chezweitz GmbH, museale und urbane Szenografie, Berlin
Dr. Sonja Beeck, Detlef Daiber-Weitz
Barbara Weinberger, Jan Stauf, Sara Omassi, Claudia Besuch, Luiz Dominguez, Danielle Gringmuth, Julia Neller, Darius Samek, Lars Weitemeier
Barbara Weinberger, Jan Stauf, Sara Omassi
Claudia Besuch, Luiz Dominguez, Danielle Gringmuth, Julia Neller, Darius Samek
Lars Weitemeier
Prof. Dr. Paula Lutum-Lenger
Dr. Michael Niemetz
Dr. Cornelia Hecht-Zeiler
Mona Kuschel mit Team I couture real, Berlin
Andree Volkmann, Berlin
Carsten Golbeck, Berlin
Envue Homburg Licht GmbH, Berlin
Schreinerei Langner, Sondershausen
Eicher Werkstätten GmbH, Kernen im Remstal
Big Image Systems GmbH, Potsdam
Daniel Stauch
Matthias Hamann/chezweitz