chezweitz museale und urbane Szenografie

Modell Bauhaus

Modell Bauhaus

Martin-Gropius-Bau, Berlin
Was ist das Mod­ell Bauhaus für uns heute? Auf diese Frage antwortet die Szenografie mit ein­er Ausstel­lungs­dra­maturgie, die die drei Phasen des Bauhaus­es in Weimar, Dessau und Berlin räum­lich erleb­bar macht und sich als radikale Absage an die eindi­men­sion­ale Schwarz-Weiß-Sicht auf das Bauhaus ver­ste­ht: Das Bauhaus ist bunt und sehr lebendig! Die mit rund 1.000 Exponat­en bis­lang größte Ausstel­lung zur Entwick­lung der Schule und ihrer gesellschaftlichen Rel­e­vanz wurde anlässlich des 90jährigen Bauhaus Jubiläums im Jahr 2009 im Mar­tin-Gropius-Bau Berlin gezeigt. Als Auf­takt der Über­sicht­sausstel­lung durch­schrit­ten die Besuch­er die Ausstel­lungs­fas­sade im his­torischen Foy­er. Das Klis­chee der schwarz-weißen Mod­erne wurde im Wech­sel zu einem far­bigen Gege­nen­twurf des Mod­ell Bauhaus­es erlebt. Die geometrischen Grund­kör­p­er Dreieck, Quadrat und Kreis wur­den in ihrer neuen Funk­tion als Schleusen zum Ein­gang, Durch­gang und Aus­gang der Ausstel­lung. Im Lichthof bot ein Ring aus Farbtafeln einen chro­nol­o­gis­chen Überblick über die Geschichte des Bauhaus­es im his­torischen Kon­text und ver­wies gle­ichzeit­ig als überdi­men­sion­iertes Inhaltsverze­ich­nis auf die dahin­ter­liegen­den Ausstel­lungsräume. In Anlehnung an den Far­bkreis von Johannes Itten wurde ein far­biges Band über die dop­pelte Ringstruk­tur des Mar­tin-Gropius-Baus gelegt und jedem Raum eine Farbe zuge­ord­net: Von Weiß über Gelb für die Weimar­er Jahre des Bauhaus­es über Orange-Rot zu Lila für den Beginn der Dessauer Zeit bis hin zu Blau und Grün für die Berlin­er Phase vor der endgülti­gen Auflö­sung des Bauhaus­es. Diese Raum­farbe markierte die Schlüs­selob­jek­te mit ein­er Far­bau­ra. Jed­er Raum war mit Titel und einem Schlüs­selob­jekt vertreten, das auf den Tafeln als präzise ver­maßte Kon­struk­tion­s­analyse gezeigt wurde. Das qua­dratis­che Far­braster dahin­ter funk­tion­ierte wie Mil­lime­ter­pa­pi­er: je größer das Objekt, desto klein­er die Far­bquadrate dahin­ter. Die Farbtafeln im Außen­ring als Pen­dant analysierten den Hell-Dunkel-Auf­bau des gle­ichen Objek­ts und lösten es in immer größer wer­dende Farbpix­el auf. Die Exponatbeschrif­tun­gen verteil­ten sich als kleinere Farbpix­el über den Ausstel­lungsraum. Der his­torische Gropius­bau mit seinen erkennbaren Brüchen wurde als Kon­textbau in ein dial­o­gis­ches Ver­hält­nis zur kura­torischen Struk­tur der Ausstel­lung geset­zt. Gestal­ter­isch wur­den die drei Orte/​Phasen des Bauhaus­es in Weimar, Dessau und Berlin in sehr unter­schiedlichen Hal­tun­gen umge­set­zt. In den ersten drei Räu­men der Weimar­er Bauhauszeit wur­den gestal­ter­isch die Beru­fungspoli­tik unter Gropius und die damit ein­herge­hen­den Schulkonzepte reflek­tiert. Alle Werke der neu berufe­nen Meis­ter wur­den einzeln präsen­tiert. Die Architek­tur ver­stärk­te den Ein­druck der Akteure, die sich auf dem Ter­rain der Kun­st­gewerbeschule (MGB) bewe­gen und mit den Stu­den­ten Neues pro­duzierten. Dies verdichtete sich im fol­gen­den Raum zu einem Ste­len­wald der aus der Baus­truk­tur des Mar­tin-Gropius-Baus abgeleit­et war und die hohe, einzi­gar­tige Pro­duk­tiv­ität der Weimar­er Phase reflek­tierte. Jede Seite der rechteck­i­gen Säulen wurde mit ein­er anderen Exponatebene bespielt. Feste, Werk­stät­ten, Fotografie und Architek­tur verdichteten sich zu ein­er starken, struk­turell offe­nen Bau­fig­ur. Der näch­ste Raum vere­inte die unter­schiedlichen Pro­duk­te des Bauhaus­es auf einem einzi­gen, schweben­den Podest. Hier wurde die Bauhaus Ausstel­lung von 1923 und damit die For­mulierung der Bauhausidee unter dem erhöht­en poli­tis­chen Druck insze­niert. Der schwebende Kör­p­er ver­wies auf die anste­hende Ortsverän­derung, die Viel­stim­migkeit der Objek­te for­mulierte qua­si cho­risch das Mod­ell Bauhaus und bewarb es damit. Die dessauer Ausstel­lungsräume trat­en als lang gestreck­te Haus-im-Haus-Fig­ur in Erschei­n­ung. Ausstel­lungs­fas­saden, abgeleit­et von der gläser­nen Vorhang­fas­sade des Bauhaus­ge­bäudes in Dessau, inter­pretierten das Weltkul­turerbege­bäude als Ausstel­lungsvit­rine der Bauhaus­pro­duk­tion und Schule. In der Ausstel­lung bilde­ten die Fas­saden eine kom­plexe Vitrinen‑, Fen­ster- und Träger­struk­tur aus. Die kon­tinuier­liche Entwick­lung des Bauhaus­es, ein­schließlich des Direktoren/​Richtungswechsels von Walther Gropius zu Hannes Mey­er, wurde durch sub­tile Farb‑, Mate­r­i­al- und Raumverän­derun­gen reflek­tiert. Im zen­tralen Raum schloss sich die Ausstel­lungsar­chitek­tur zu einem Baukör­p­er mit Boden, Fas­saden und Decke. Die kon­trastre­iche Innen-/Außen­wahrnehmung wurde hier durch die Adap­tion der Farb­fas­sung der Vorhang­fas­sade (Anthrazit/​Weiß) erre­icht, der Kon­trast zwis­chen Ausstel­lungsar­chitek­tur und der his­torischen Sub­stanz des Gropius­baus erre­ichte seinen Höhep­unkt und sollte dem Besuch­er das Erleb­nis der Avant­garde, den Schock der Mod­erne“ pos­i­tiv ver­mit­teln. Ein­drucksvoll verän­dert die Szenografie die vorhan­de­nen Pro­por­tio­nen der let­zten bei­den Räume des Ausstel­lungsrings. Tren­nende Wände und Mauern wur­den mit­tels ein­er reflek­tieren­den Fas­sade aus schwarzen und hellen Spiegeln aufgelöst. Eine uner­wartete Hor­i­zon­tal­ität, die Ele­ganz der hölz­er­nen Ober­flächen, aber auch die Düster­n­is der bevorste­hen­den Ereignisse gin­gen eine gewagte Sym­biose ein, um den Besuch­ern die eher unbekan­nte Ära des Bauhaus­es unter Mies van der Rohe und damit die berlin­er Phase bis zur Schließung des Bauhaus­es 1933 ein­drück­lich zu veranschaulichen.

Modell Bauhaus

Martin-Gropius-Bau, Berlin

22.07. - 04.10.2009 Ausstellung der drei großen Bauhaus-Institutionen Bauhaus-Archiv Berlin / Museum für Gestaltung, Stiftung Bauhaus Dessau, Klassik Stiftung Weimar in Kooperation mit dem Museum of Modern Art in New York

Leitung

Annemarie Jaeggi, Direktorin Bauhaus Archiv Berlin; Omar Akbar, Direktor Stiftung Bauhaus Dessau (bis 2008); Philipp Oswalt, Direktor Stiftung Bauhaus Dessau (ab 2009); Hellmut Seemann, Präsident Klassik Stiftung Weimar

Kuratoren

Lutz Schöbe, Stiftung Bauhaus Dessau; Michael Siebenbrodt, Klassik Stiftung Weimar; Wolfgang Thörner, Stiftung Bauhaus Dessau; Klaus Weber, Bauhaus-Archiv Berlin

Szenografie

chezweitz & roseapple, Detlef Weitz und Rose Epple mit Hans Hagemeister, Isabel Prugger

Team

Christian Fehr, Holger Jansen, Marcus Bahra, Jessika Jenkins, Asi Föcker, Martin Siegmund, Mechthild Flemming

Koordination

Peter Boragno

Betriebsbüro

Antje Popp, Kay Kutschkau

Realisierung

kubix GmbH, Berlin

Leistung

Architektur LP 1-8, Ausstellungsgrafik, Medienarchitektur, Drucksachen, Buchgestaltung

Fotos

Volker Kreidler, Henrik Strömberg