chezweitz museale und urbane Szenografie

Jüdisches Museum
Berlin

Jüdisches Museum Berlin

Neugestaltung der Dauerausstellung

Jüdisches Museum Berlin
Seit dem 23. August 2020
Berliner Zeitung, 18.08.2020

Die Geschichte der Juden hat sich nicht geän­dert — aber unsere Per­spek­tive darauf. [ … ]“
 — Het­ty Berg, Direk­torin des Jüdis­chen Museums

Die neue Dauer­ausstel­lung des Jüdis­chen Muse­um Berlin verkör­pert seit Ende August 2020 die zeit­genös­sis­che Per­spek­tive auf eine faszinierende deutsch-jüdis­che Geschichte. Sie wird ver­mit­telt in ein­er Szenografie, die mit ergreifend­en räum­lichen Instal­la­tio­nen eine neue Ver­mit­tlungskraft im Span­nungsver­hält­nis von Virtuellem und Auratis­chem erzeugt. 
chezweitz bleibt sich also sein­er szenografis­chen Hand­schrift treu: Szenografie als kün­st­lerisches Mit­tel! Sie nimmt ins­beson­dere das Ikono­graphis­che des Bauw­erks ernst — dieses gebaute Gefühl von Zer­ris­senheit im epochalen Ver­lauf der jüdis­chen Geschichte in Deutsch­land. Die äußer­lich bewusste Dishar­monie wird über­führt in Epochen- und The­men­räume, die trotz ihrer Unter­schiedlichkeit in einem mor­phol­o­gis­chen Zusam­men­hang ste­hen. Ein jed­er Raum ist auch und vor allem the­ma­tisch bed­ingt ein szenografis­ches Unikat, was in der Gesamtheit das Muse­um­ser­leb­nis auf eine höhere Stufe hebt. Das Jüdis­che Muse­um wird so ein Ort, an dem die Fasz­i­na­tion des Kör­per­haften, des Intu­itiv­en, Atmo­sphärischen und Mul­ti­sen­sualen an Bedeu­tung gewinnt.

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Rück­grat der neuen Dauer­ausstel­lung bilden gezielte Raum­strate­gien, die zugle­ich die Werkzeuge unser­er kün­st­lerischen Szenografie waren. Der Libe­skind-Bau besticht durch seine starken Architek­turele­mente, u.a. mit den soge­nan­nten Void-Brück­en und den nar­be­nar­ti­gen Fen­ster­schnit­ten in der Fas­sade. Freigelegt und ohne gestal­ter­ische Über­lagerung ste­hen sie nun­mehr für das, was sie sind: ein sym­bol­is­ch­er Bruch, der Schmerz und Leere aus­drückt. Diese Nar­ben“ wer­den keineswegs über­schminkt, son­dern als Innen-Außen-Gefüge in die Szenografie inte­gri­ert.
Strate­gisch einge­set­zt wird auch der met­al­lene Moment des Gebäudes in sein­er Vielfalt der Ober­flächen, wird tra­gen­des Mate­r­i­al der Gestal­tung: Met­all wird dabei zur schwin­gen­den Klang­pas­sage, bewegt, gewellt, ver­tikal und in unter­schiedlichen Klang­far­ben schim­mernd. Es kann zu einem feinen, far­bigen Hin­ter­grund von Vit­ri­nen-Kör­pern wer­den oder aber im Bere­ich des Unvorstell­barem – dem Holo­caust – zur tra­gen­den Nicht-Mate­ri­al­ität, zum Frem­den, Ver­schwomme­nen – dem Schock der Spiegelbildlosigkeit!

Ins­ge­samt fünf Epochen- und acht The­men­räume entwick­eln sich in ein­er Ausstel­lungsnar­ra­tion, die alle Kün­ste in sich vere­int: ein jed­er in sein­er Charak­ter­is­tik ein­drucksvoll und auf die Architek­tur indi­vidu­ell reagierend, wie die mit­te­lal­ter­liche, urban wirk­ende Exponat-Land­schaft im Raum Aschke­nas“. Wenige Räume weit­er tre­f­fen wir auf eine kün­st­lerische Rekon­struk­tion des Uni­ver­sum-Kinos von Erich Mendelssohn. Eine papierne Blattar­chitek­tur aus von der Decke hän­gen­den Bögen zeigt mit aufge­druck­ten Para­grafen die schle­ichende Entrech­tung der Jüdis­chen Bevölkerung ab 1933, bevor sie sich im schim­mern­den Labyrinth des Holo­causts fort­set­zt, deren Räume keinen Halt und Boden mehr bieten …

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In der Hall of Fame tre­f­fen sich ver­schieden­ste Repräsentant*innen ein­er geisti­gen, intellek­tuellen Land­schaft. Per­so­n­en unter­schiedlich­ster Pro­fes­sio­nen — die sich im Realen wahrschein­lich nie begeg­neten. Sie sind der Zeit entbunden. 

Die Hall of Fame ist ein inhaltlich-fik­tiv­er, aber visueller architek­tonis­ch­er wie kün­st­lerisch­er Schlussstein, der an das Ver­sprechen der Frei­heit anknüpft und es auch umset­zt: Wer wären denn jüdis­che Held*innen gewe­sen, die eine Ruhme­shalle“ gefüllt hät­ten? Wer würde sich heute ver­sam­meln und wie sähe dieser Ehrentem­pel wohl aus? Auf Basis dieser Fra­gen entwick­el­ten die Kurator*innen des Jüdis­chen Muse­ums, der Kün­stler und Illus­tra­tor Andree Volk­mann und die Szenografen von chezweitz einen inter­na­tionalen jüdis­chen Ehrentem­pel“, einge­bet­tet in eine überzeitliche Geschichte.

Alle illu­minierten Büsten – von Amy Wine­house über Wal­ter Rathenau bis Mar­cel Reich-Ran­ic­ki – sind freie Por­traits des Kün­stlers Volk­mann. Jede/​r Geze­ich­nete entwick­elte sich aus sein­er akribis­chen Recher­ché und vie­len einzel­nen Doku­men­tar­ma­te­ri­alien, die er sorgsam Col­lage-artig zusam­men­fügte, sodass jede Büste ein nie gezeigtes Unikat ist. Im Grunde genom­men sind alle Büsten eigen­ständi­ge Rau­mak­teure und unter­stützen das Objek­thafte der ganzen Szener­ie, der Fen­ster, des Betons und vor allem des kolo­ri­erten Tep­pichs, der den Hin­ter­grund bildet – das ehe­ma­lige Funk­tion­strep­pen­haus ist als 11 m hohe Hall of Fame ein Höhep­unkt im Ausstel­lungsrundgang. Die gelun­gene Trans­for­ma­tion beschert dem Muse­um einen außergewöhn­lichen Ausstel­lungsraum und ein neues, immer­sives Raumer­leb­nis: einen Raum zum freudi­gen Staunen.

Andree Volk­mann, die Kurator*innen und chezweitz macht­en aus der Funk­tion ein Erleb­nis: die Besucher*innen erre­ichen einen Ort, der zum Aus­ruhen ein­lädt und Lust macht, die jüdis­che Kul­tur zu erforschen. Er gibt ihnen die Möglichkeit in Form ein­er fre­undlichen, offe­nen und spek­takulären Geste einen Moment innezuhal­ten und sich in den Far­ben und Antl­itzen zu verlieren. 

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Szenografie, Architek­tur, Wis­sen und Geschichte kul­minieren an diesem alten, neuen Berlin­er Ort zu einem Raumer­leb­nis, das in der Biografie der Stadt und von chezweitz bis dato seine Vor­bilder sucht und mit jüdis­ch­er Geschichte offen, tol­er­ant und selb­st­be­wusst in die Zukun­ft weist!

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Szenografie
ARGE chezweitz GmbH
Hella Rolfes Architekten BDA: Dr. Sonja Beeck, Detlef Weitz, Hella Rolfes
Team chezweitz
Detlef Weitz (Gesamtszenografie), Morten Ohlsen (Projektmanagement), Johannes Bögle, Danielle Gringmuth, Hans Hagemeister, Elena Lee, Jana Mateijka, Wenke Merkel, Lena Schmidt, Jan Stauf, Jaroslav Toussaint, Katerina Vraga, Leila Weber, Tanja Wehking, Lars Weitemeier, Janina Zimmermann mit Marcus Bahra, Jan Kalfus und Barbara Weinberger
Team Hella Rolfes Architekten BDA
Team Hella Rolfes Architekten BDA
Hella Rolfes (Gesamtprojektleitung), Joachim Kleine Allekotte (Projektmanagement), Brigitte Fischer, Gesa Gerstenberger, Andrea Kubinszky, Laura Maasry, Anna Schedler
Direktorin Jüdisches Museum Berlin
Hetty Berg
Leitende/r Kurator*in
Cilly Kugelmann, Dr. Michael Dorrmann
Projektleitung
Henriette Kolb
Kurator*innenteam
Inka Bertz, Julia Carls, Dr. Yaniv Feller, Monika Flores, Michal S. Friedlander, Miriam Goldmann, Dr. Christoph Kreutzmüller, Maren Krüger, Dr. Tamar Lewinsky, Martina Lüdicke, Dr. Haim Mahlev, Leonore Maier, Theresa Polley, Aubrey Pomerance, Dr. Lucia Raspe, Lisa-Maria Renner, Iris Saeger, David Studniberg, Theresia Ziehe
Team Lichtdesign
Urs Schreiner und Sascha Homburg (Envue Homburg Licht GmbH), Fanny Perineau, Martina Tillemann
"Outsider as Insider. Juden in der Weimarar Jepublik"
Videoinstallation: chezweitz, Regie: Dominique Müller & Detlef Weitz; Grafikdesign: Janina Zimmermann; Sounddesign: Samuel Gfeller, Projektassistenz: Lars Weitemeier
"Große Treppe"
Videoinstallation: chezweitz, Regie und Animation: Stefan Hurtig (Sehen & Zeigen) & Detlef Weitz
„Hall of Fame“
Zeichnungen: Andree Volkmann
Vitrinen- und Ausstellungsbau
Schreinerei Langner; Nüssli (Schweiz) AG; Bayer Glasbau GmbH; Harald Müller Metall Sonderfertigung GmbH; Artis GmbH; Rühling Shop + Objekt; Blank GmbH; Atelier Burkhard Witzmann; Objektleuchten Berlin / Hansen GmbH; flz – Stahl- und Metallbau Lauterbach GmbH; Artex Museum Services GmbH / Tomkin GmbH Event & Service GmbH; Unique Factory; Bjelosevic Mensud & Music-Zander GbR; BARiT Kunstharz – Belagstechnik GmbH; Berliner Ausbau GmbH; mawa design. Licht- und Wohnideen GmbH; Ilm-neon GmbH
Grafikproduktion
Eicher Werkstätten GmbH &Co. KG; Darius Samek; PIGMENTPOL Sachsen GmbH; Labor Pixel Grain GmbH
Medienstationen
Gregor H. Lersch; Deniz Roth; Maximilian; Rodegra – Loop Postproduktion UG; ifs internationale filmschule köln; yomma GmbH; Technische Universität Darmstadt; FG Digitales Gestalten; Architectura Virtualis GmbH; Projektteam Urban Complexity Lab der FH Potsdam; Patricia Schon und Stefan Hurtig; Küß Mich Musik Produktion & Verlag; Eshel Sound Studios, Tel Aviv; schnellebuntebilder. Studio für Animation und Interaktion, Berlin; 2av GmbH; buchstabenschubser GbR Jan Gabbert & Ellen Stein; Framegrabber Medien GmbH; Graphscape GmbH / h neun Berlin; Hagit Hollander-Shimoni; jetaido; OUTERMEDIA GmbH; Sammler & Jäger Filmproduktion GmbH
Lieferung und Montage
Medientechnik AVE Audio Visual Equipment
Weitere Planer*innen und Sachverständige
Scan3D Dienstleistungsgesellschaft mbH; Müller BBM GmbH; Prof. Dr.-Ing. Henning Löber, Dipl.-Ing. Uwe Meinhold; Johnson Controls Systems & Service GmbH; Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung (BAM); Planungsbüro M. Fabis, IFE Grothe GmbH; Arbeitsschutz Jeannette Borch e. K.; Dr.-Ing. Kerstin Kracht; Klimakonzept Ingenieurgesellschaft bR, Prof. Dr.-Ing. Klaus Fitzner; Die Bodenkanzlei GmbH; HHP West Beratende Ingenieure GmbH; Dr.-Ing. Wolfgang Menzel; Dr.-Ing. Thomas Klähne; Walter Felder; GSK GmbH; IPS Ingenieurbüro Peter Schubert GmbH; GSE Ingenieur-Gesellschaft mbH Saar, Enseleit und Partner; Hildebrandt Ingenieure Gesellschaft für Tragwerkplanung mbH; Vít Červený
Fotos
Guenter Schneider
Alexander Butz
Jens Ziehe
Roman März
Yves Sucksdorff